Die Herausforderung der ADHS-Diagnose im Erwachsenenalter

Die Diagnose von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) bei Erwachsenen ist oft komplex und wird häufig übersehen oder spät gestellt. Viele Betroffene haben bereits in der Kindheit Symptome gezeigt, doch diese wurden entweder nicht erkannt oder fälschlich anderen Ursachen zugeschrieben. Im Erwachsenenalter verändert sich das Erscheinungsbild von ADHS – statt „Zappeligkeit“ stehen dann oft innere Unruhe, Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit oder emotionale Impulsivität im Vordergrund.

 

 

Einige zentrale Gründe, warum die Diagnose schwierig sein kann

 

  • Verändertes Symptomprofil: Erwachsene zeigen oft subtilere Symptome als Kinder. Hyperaktivität äußert sich eher als innere Getriebenheit oder Schlafprobleme. (Kooij et al., 2010)
  • Kompensationsstrategien: Viele Erwachsene haben über Jahre Wege gefunden, mit ihren Schwierigkeiten umzugehen – etwa durch übermäßige Struktur oder Vermeidung – was die Symptome verschleiern kann.
  • Überlagerung mit anderen Diagnosen: ADHS wird oft mit Depressionen, Angststörungen oder Burnout verwechselt. Diese Störungen können ADHS überdecken oder Folgeerkrankungen davon sein.
  • Rückblick auf die Kindheit: Die Diagnose erfordert den Nachweis von Symptomen vor dem 12. Lebensjahr (DSM-5-Kriterium). Doch viele Erinnerungen sind unklar oder es fehlen dokumentierte Schulberichte.
  • Gesellschaftliche Vorurteile: Es herrscht oft das Missverständnis, ADHS sei eine „Kindheitskrankheit“ oder eine Mode-Diagnose. Das erschwert den Zugang zur Diagnostik und führt zu Selbstzweifeln bei Betroffenen.

 

 

Warum eine fundierte Diagnostik wichtig ist

 

Eine genaue Diagnostik hilft, Symptome besser zu verstehen, passende Behandlungen zu finden und die Lebensqualität zu verbessern. Sie basiert auf ausführlichen Gesprächen, standardisierten Fragebögen und häufig auch auf dem Einholen von Fremdanamnesen (z. B. durch Eltern oder Schulzeugnisse).

 

 

Wichtig zu wissen

 

  • ADHS bei Erwachsenen ist real – und behandelbar.
  • Die Symptome sind oft anders als bei Kindern, aber nicht weniger belastend.
  • Eine sorgfältige Abklärung ist entscheidend für Klarheit und Selbstakzeptanz.

 

 

Quellen

 

Kooij, J. J. S. et al. (2010). European consensus statement on diagnosis and treatment of adult ADHD: The European Network Adult ADHD.


DSM-5 (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th Edition.
Barkley, R. A. (2008). ADHD in Adults: What the Science Says.